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Bewertungsfaktor B....Weiterentwicklung & Differenzierung am Fallbeispiel Transportschäden
Kundenrisiko: Bewertung aus der Sicht kritischer Kunden (Fünf Interessenspartner)

Aus der Sicht des Qualitätsmanagements werden vorwiegend die Tätigkeiten selbst und die zugehörigen Abläufe beleuchtet. Für die QME-FMEA-Methode bedeutet dies, dass primär die Versagensmöglichkeit von einzelnen Tätigkeiten bzw. einzelner QME- Elemente bewertet wird. Hier geht es um die Bewertung der Kundenauswirkung. Während in der FMEA primär die Kundenauswirkung von Produktfehlern bewertet werden, liegt der Bewertungsschwerpunkt in der QME-FMEA mehr in der Bewertung eines möglichen Versagens von Tätigkeiten und Abläufen und deren möglicher Kundenauswirkung. Indirekt führt natürlich das Versagen qualitätssichernder Maßnahmen meist zu vom Kunden direkt feststellbaren Produktfehlern oder Mängeln. [6].

VIERTLER weist in seiner Dissertation zur QME-FMEA ausdrücklich darauf hin, dass unter Kunden gemäß ISO 9000-1:1994 Kap. 4.2 die Interessen aller fünf Interessenspartner zu berücksichtigen sind [6]

Fünf Interessenspartner nach ISO 9000-1:1994 Kap. 4.2:

Bewertet wird die Bedeutung der Fehlerfolgen und Beurteilung einer möglichen Kundenverärgerung bzw. die Auswirkung auf alle fünf Interessenspartner, wobei die Kunden die wichtigste Gruppe darstellen. Es wird abgeschätzt, welchen Stellenwert das Versagen eines konkreten QM- Elements für einen Kunden haben kann. Eine Abschätzung dieses Risikos ist bei einer vertraglichen Geschäftsbeziehung im allgemeinen aus den vertraglich fixierten Kundenforderungen herleitbar.

Bewertungsfaktor B:
Wie hoch wird das Risiko einer möglichen Verärgerung eines der fünf Interessenspartner eingeschätzt (analog zur FMEA eine Skala 1 bis 10), wenn es zufolge des Versagens bei einer qualitätsbezogenen Tätigkeit zu einer negativen Auswirkung für einen Interessenspartner kommt. Dabei kann die Bandbreite negativer Auswirkungen von Produktfehlern (Produkthaftungsfragen, kritische Produktanwendungen des Kunden usw.) bis hin zur Kundenverärgerung infolge einer falschen Telefonauskunft reichen.

Das Kriterium "Kundenrisiko (= Bewertungsfaktor B)" versucht, die Auswirkungen eines möglichen QM-System-Versagens oder des Versagens einzelner QME- Elemente für den Kunden einzuschätzen und zu bewerten. Dabei ist es schwierig das Systemversagen und/ oder die Auswirkung möglicher Produktfehler auf den Letztverbraucher, den Anwender des Produktes zu bewerten. Die Bedeutung eines Fehlers orientiert sich an dessen Folgen für den Kunden. Entscheidend für die Beurteilung ist, wie kritisch der Kunde bzw. dessen Produktanwendungen sind (falls bekannt). Hier spielen Fragen der Produkthaftung aber auch gesetzliche Verschuldensfragen bei sehr kritischen Anwendungen (z.B. Automobilindustrie) eine Rolle.

Vertragliche Kundenbindung:
Daneben spielt aber auch die Frage konkreter Kundenvorgaben an das QM-System des Lieferanten eine Rolle, wobei eine vertragliche Situation mit dem Kunden bestehen kann. Bei typischen gewerblichen Kunden/ Lieferantenverträgen ist ein Kunde häufig nicht mit dem Letztverbraucher identisch. Worum es in solchen Fällen geht, soll an einem Beispiel erläutert werden. Beispielsweise verlangt ein Kunde ein vertraglich vereinbartes Mitspracherecht bei allen gravierenden Änderungen. Nun kann es durch ein Versagen des QM-Systems dazu kommen, dass irrtümlich Muster einer Produktänderung ohne vorherige Kundenabsprache als normale Lieferung an den Kunden gehen. Für einen solchen Fall gilt es nun abzuschätzen, wie groß die Verärgerung des Kunden sein kann und mit welchen Konsequenzen schlimmstenfalls zu rechnen ist.

In der konkreten Anwendung wären dann noch bestehende (hier nicht bekannte) Kundenvereinbarungen oder spezielle Vorgaben an das QM-System des Lieferanten zu berücksichtigen. Wichtig ist auch, dass über die reinen Produktfehler hinausgehende mögliche Kundenverärgerungen (beispielsweise "geht nie jemand an das Telefon") in die Betrachtung miteinbezogen werden.

Folgen mangelnder Erfüllung von Kundenforderungen
Heute genügt jedoch oftmals schon eine nachhaltige Verärgerung des Kunden, um zur Konkurrenz überzulaufen (vergl. DANZER [1], S.4). Und dieses Risiko gilt es abzuschätzen. Hat der Lieferant nicht das nötige Vertrauen des Käufers, so werden seine Produkte bei der Kaufentscheidung nicht berücksichtigt. Mit Ausnahme des vertraglichen Bereiches sowie der öffentlichen Auftragsvergabe mit Auschreibungen und Anbotslegungen agiert der Kunde in der Regel anonym. Er teilt das Ergebnis seines Entschlusses, nicht oder nicht mehr zu kaufen, dem Hersteller ja nicht mit und reklamiert auch nur zu einem geringen Prozentsatz (4%). Ein Großteil der verärgerten Kunden (90%) kauft bei Neuerwerb ein anderes Produkt eines Mitbewerbers. Weiterhin beeinflussen unzufriedene Kunden 9 bis 20% ihres Umkreises negativ. Für jeden Fehler über dem Durchschnitt des Marktführers gehen mindestens 3-4% des Verkaufsvolumens dem Unternehmen verloren (WITTIG [7], S.5,6). Oder DANZER weist in ([1], S.4) darauf hin, dass ein Rückgang der Marktanteile meist mit nicht zufriedengestellten Kunden zusammenhängt, ohne dass dies gleich aus den Kundendienstrückmeldungen ersichtlich wird.

Die Auswahl des für die einzelnen QM-Elemente geltenden Faktors B kann prinzipiell nur durch eigene Einschätzung durch das Unternehmen selbst erfolgen, wahrscheinlich durch ein unternehmensinternes QME-FMEA Team. Je nach konkret vorhandenem Produkt oder Produktanwendung (soferne diese bekannt ist) und konkret bekannten Kundenwünschen (auch hinsichtlich der Q-Nachweisforderung) müssen die konkreten B-Faktoren hinsichtlich der möglichen Auswirkungen des QM-Element auf den Kunden ausgewählt werden.

In der ursprünglichen Fassung der QME-FMEA- Methode (vergl. Dissertation VIERTLER [6]) gibt es nur eine sehr grobe Empfehlung für die Wahl (Bewertung) des Risikofaktors "B" bzw. für die mögliche Bewertung des Kundenrisikos von 1...10.

FMEA
Bedeutung für oder Auswirkungen auf den Kunden (B)
(abhängig von der Art der Produktanwendung beim Kunden)
Es ist unwahrscheinlich, dass der Fehler irgend eine wahrnehmbare Auswirkung auf die Kundenanwendung haben könnte. Der Kunde wird den Fehler wahrscheinlich nicht bemerken. Die Kundenanwendung *) ist unkritisch. 1
Der Fehler ist unbedeutend und der Kunde wird nur geringfügig belästigt. Der Kunde wird wahrscheinlich nur eine gringfügige Beeinträchtigung des Systems bemerken. Die Kundenanwendung *) ist unkritisch. 2-3
Mittelschwerer Fehler, der Unzufriedenheit beim Kunden auslöst. Der Kunde fühlt sich durch den Fehler belästigt oder verärgert. Der Kunde wird die Beeinträchtigungen des Systems bemerken. Die Kundenanwendung *) ist unkritisch. 4-6
Schwerer Fehler, löst Verärgerung beim Kunden aufgrund des Fehlers aus, z.B. nicht fahrbereites Auto, oder nicht funktionierende Produkte (Haushaltsgeräte, bei kfz Teile der Teile der Ausstattung). Keine sicherheitsrelevanten Anwendungen oder eine Nichtübereinstimmung mit den Gesetzen ist hier nicht angesprochen. Kundenanwendungen wie z.B. Kommunikationstechnik, Fernseher, Haushaltsgeräte etc. Fehler tritt zumeist nicht anfangs auf (wird im Herstellerwerk angefangen oder Garantiefall) sondern während der Lebensdauer auftritt (betrifft das Q-Merkmal "Zuverlässigkeit") 7-8
Schwerer Fehler, Ist für den Interessenspartner Eigentümer teuer und zwar egal ob zu Beginn der Produktlebensdauer (wird im Herstellerwerk angefangen oder Garantiefall oder erst am Ende der Lebensdauer) aufgrund des Fehlers aus, z.B. nicht fahrbereites Auto, oder nicht funktionierende Produkte (Haushaltsgeräte, bei kfz Teile der Teile der Ausstattung). Solche Fehler erfordern hohe Nacharbeitskosten oder Produktnachentwicklungskosten; später autrtretende Kundenverärgerung läßt Kunden zur Konkurrenz abwandern. 7-8
Äußerst schwerwiegender Fehler, der zum "Liegenbleiben" führt oder möglicherweise die Sicherheit und/oder die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften beeinträchtigt. Kritische, sicherheitsrelevante Kundenanwendungen mit möglichem Personenschaden wie z.B. Kfz, Luft- und Raumfahrtfahrt, Militärtechnik, Telekommunikation usw.; besonders kritisch, wenn dieser Fehler nicht anfangs sondern während der Lebensdauer auftritt (betrifft das Q-Merkmal "Zuverlässigkeit") 9-10
*) bekannte oder vermutete Kundenanwendungen; bei vertraglichen Kundenbeziehungen ist eine solche Abschätzung naturgemäß einfacher
Bewertungstabelle nach VDA [6] zitiert bei (MAURER [4],S.50)

Eine aus der FMEA abgeleitete Bewertung für das Kundenrisiko findet sich vor allem im Automobilbereich und in den einschlägigen VDA- Normen. Darin werden beispielsweise die folgenden Unterscheidungen getroffen (nach VDA [5] zitiert bei (MAURER [3], S.50):

Unterscheidung bezüglich der Fehlerhäufigkeit und der Entdeckungswahrscheinlichkeit:

Unterscheidung bezüglich der Fehlerschwere und deren Auswirkung auf Kunden:

Faktor B....Kundenrisiko Differenzierung NEU

Die Norm ISO 9000-1:1994 unterscheidet fünf Interessenspartner. Auch WOHINZ nennt in [8] fünf bis sieben relevante Anspruchsgruppen einer Industrieunternehmung, wobei er zusätzlich noch Leistungspartner (Kooperationspartner) anführt, bzw. zwischen gesellschaftlichem Umfeld und Politik unterscheidet.

Kunden unterscheiden bei fehlerhaften Produkt nicht, ob diese von Zulieferanten verursacht werden (z.B. Kfz-Beleuchtung, Kfz-Autoelektrik usw.) Die Verärgerung betrifft stets den Produkthersteller selbst.

Fünf Interessenspartner
Externe Kunden
Produktanwender
Markt
x
Intere Kunden
Mitarbeiter
x
Eigentümerx
(Zu-) Lieferanten
Gesellschaft / Umwelt

Beispiele inwieweit die Interessenspartner unterschiedlich betroffen sein können:







Für die konkrete Bewertung des Kundenrisikos ist eine differenziertere Betrachtung nach möglicher Fehlerschwere und möglicher Auswirkung auf den Kunden unter besonderer Berücksichtigung sicherheitsrelevanter Kundenanwendungen empfehlenswert. Man kann auch versuchen, die unterschiedlichen Interessen der fünf Interessenspartner in die Bewertung einfließen zu lassen.

Die gewählte Differenzierung für den Kundenfaktor B wird an die Bewertung des Risikofaktors A angepasst.

Das Zusammenspiel der Differenzierung bei den Bewertungen kann man sehr gut bei den Erläuterungen zur Risikoprioritätszahl NEU erkennen.

Faktor B- Gegenüberstellung von möglichen Fehlerarten zu den fünf Interessenspartnern am Beispiel Produkttransport
Prozesse aus dem Unternehmensbeispiel(Auswahl)Mögliche
Fehlerschwere
Mögliche
Auswirkung
auf die
Kunden
Beschreibung/ Kommentare aus der Sicht der fünf Interessenspartner *) Bewertung
Faktor B
Beispiel
Produkt-
transport

Unbedeutender FehlerKeine wahrnehmbare AuswirkungBagatellfehler; können hier übergangen werden.
Es ist unwahrscheinlich, dass der Fehler irgend eine wahrnehmbare Auswirkung für den Kunden hat. Der Kunde wird den Fehler wahrscheinlich gar nicht bemerken oder diesen zumindest tolerieren.
Beispiel: Kratzer an einer unzugänglichen Stelle.
Nein1
Mittelschwerer FehlerVerärgerung des KundenSolche mittlere Transportschäden kommen trotz der massiven Ausführung der Produkte leider immer wieder vor.
Wenn z.B. Teile abgebrochen sind, führt das zu Reparaturarbeiten und Verzögerungen beim Kunden, welche eine deutliche Unzufriedenheit oder Verärgerung ausgelöst.
Der unmittelbare Transportschaden ist wahrscheinlich durch eine Versicherung abgedeckt. Ist aus Termingründen eine Reparatur oder Ersatz nicht möglich, gibt es eine bleibende Verärgerung des Kunden.
Nein2-3
Katastrophaler Fehlermassive Verärgerung des KundenDieser Fall ist extrem unwahrscheinlich:
Durch einen Transporttotalschaden wird das Produkt für den Kunden unbrauchbar. Der unmittelbare Transportschaden ist wahrscheinlich durch eine Versicherung abgedeckt. Insbesondere dann, wenn der Kunde das Produkt schon dringend benötigt, wird es zu einer massiven Irritation des Kunden kommen. Der Immageverlust für das Unternehmen (Auswirkung für den Eigentümer) ist damit groß.
Nein7-8

*) Sicherheitsrelevante Kundenanwendung

Link zur Bewertung einesschwerwiegenden Fehlers/ Mangels aus der Sicht aller fünf Interessenpartner

Weiterführende Literatur

  1. Danzer,H.H.:"Qualitätsmanagement im Verdrängungswettbewerb", TAW-Verlag, Wuppertal und Verlag Industrielle Organisation Zürich, 1995
  2. DIN/ÖNORM EN ISO 9000-1:1994: "Normen zum Qualitätsmanagement und zur Qualitätssicherung/ QM-Darlegung Teil1: Leitfaden zur Auswahl und Anwendung" Ausgabe 1.September 1994 (August 94), Ersatz für DIN ISO 9000:1990-05
  3. Maurer, K.:"PRA-Produkt Risiko Analyse" Dissertation an der Fakultät für Maschinenbau an der TU Graz, 1994
  4. Schmitt, R.; Pfeiler, Tilo: "Qualitätsmanagement-Strategie-Methoden-Techniken", 4. Auflage Carl Hanser Verlag (2010) ISBN 978-3-446-41277-4
  5. VDA, Bd.4: Sicherung der Qualität vor Serieneinsatz, 2.überarb.Auflage 1986, VDA Verlag Frankfurt
  6. Viertler, F.: "Die QME-FMEA Methode zur Einführung eines normenkonformen Lean-Quality-Management-System nach DIN ISO 9000 ff." Dissertation, eingereicht 1999 an der Fakultät für Maschinenbau der TU Graz
    Viertler, F.: Bisher unveröffentlichte Unterlagen zur Dissertation
  7. Wittig, K.J.:"Qualitätsmanagement in der Praxis; DIN-ISO 9000, Lean Production, Total Quality Management, Einführung eines QM-Systems im Unternehmen", B.G.Teubner Verlag Stuttgart
  8. Wohinz, J.W.: "Industrielles Management- Das Grazer Modell", NWV- Neuer Wissenschaftlicher Verlag Wien Graz (2003), Ökonomie ISBN 3-7083-0143-9